Barrierefreiheit gewinnt seit Jahren an Bedeutung, sowohl beim E-Learning als auch in anderen Lebensbereichen. Aber was genau bedeutet es? "Barrierefreiheit" bedeutet für Menschen mit Behinderungen umfassenden Zugang und uneingeschränkte Nutzungsmöglichkeiten in allen Lebensbereichen. In diesem Artikel möchten wir einen kurzen Blick darauf werfen, was das für die Personalentwicklung und betriebliche Weiterbildung bedeutet.
Die Definition von Barrierefreiheit im § 4 BGG lautet:
„Barrierefrei sind bauliche und sonstige Anlagen, Verkehrsmittel, technische Gebrauchsgegenstände, Systeme der Informationsverarbeitung, akustische und visuelle Informationsquellen und Kommunikationseinrichtungen sowie andere gestaltete Lebensbereiche, wenn sie für Menschen mit Behinderungen in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfeauffindbar, zugänglich und nutzbar sind. Hierbei ist die Nutzung behinderungsbedingt notwendiger Hilfsmittel zulässig.“ (Quelle: www.behindertenbeauftragter.de)
Barrierefreiheit umfasst alle von Menschen gestalteten Lebensbereiche. So muss es für Menschen mit Behinderungen nicht nur möglich sein, alle Gebäude und Wege selbständig zu benutzen. sondern beispielsweise auch Verkaufsautomaten, Mobiltelefone oder Websites. Sobald der Mensch gestaltend eingreift, muss also für Barrierefreiheit gesorgt werden.
Einrichtungen und Informationen müssen nicht nur auffindbar (z.B. von Sehbehinderten) und zugänglich (z.B. für Gehbehinderte) gemacht werden, sondern auch sinnvoll nutzbar sein (z.B. durch Bereitstellung von Informationen für Menschen mit Sinnesbehinderungen).
Wenn z.B. der Vordereingang nicht von Menschen im Rollstuhl benutzt werden kann und diese zu einem Hintereingang geleitet werden, ist der Zugang nicht "in der allgemein üblichen Weise" gewährleistet.
Zugang und Nutzung sollten für Menschen mit Behinderungen ohne besondere Erschwernis, also ohne komplizierte Regelungen möglich sein, z.B. ohne langwierige vorherige Registrierung oder Anmeldung.
Es ist immer notwendig, die Lösung zu wählen, die es möglichst vielen Menschen mit Behinderungen ermöglicht, Informationen oder Gebäude grundsätzlich ohne Hilfe zu nutzen.
Ein digitales Lernangebot muss für alle Menschen, unabhängig von ihrer persönlichen Situation, auffindbar, zugänglich und nutzbar sein. Das bedeutet, dass es barrierefrei umgesetzt werden muss, und zwar sowohl technisch als auch inhaltlich. Nur dann haben alle Lernenden, auch Blinde, seh- oder hörbehinderte Menschen oder Nutzer mit motorischen oder kognitiven Beeinträchtigungen, Zugang zu Weiterbildung.
Barrierefreie digitale Lernmedien - Websites, Lernmaterialien, Veranstaltungsaufzeichnungen usw. - können einen wesentlichen Beitrag zum Ausgleich von Benachteiligungen und zur Inklusion von Menschen mit Behinderungen leisten.
Bei der Gestaltung digitaler Lernangebote muss darauf geachtet werden, dass bestimmte Werkzeuge unterstützt werden. Inklusion erfordert daher auch die Entwicklung von Kompetenzen zur Bewertung und Vermeidung von Barrieren.
Behinderungen bestehen entweder von Geburt an oder entstehen als Folge von Unfällen. Beides sind unvermeidliche Situationen, die sich der menschlichen Kontrolle entziehen. Laut Bericht der WHO leben etwa 15% der Weltbevölkerung mit irgendeiner Form von Behinderung. Dabei kann es sich entweder um körperliche, geistige oder um eine Lernbehinderungen handeln. Für alle Beeinträchtigungen, die sich aus einer Behinderung ergeben, braucht es digitales Lernmaterial, das den Menschen hilft, die erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten zu erwerben. Hier sind einige Möglichkeiten, wie E-Learning behinderte Menschen unterstützen kann:
Sehbehinderte Mitarbeitende können digitalen Inhalten dank Audiobeschreibungen folgen.
Der digitale Inhalt ist als eine Mischung aus Videos und Audios konzipiert. Der Inhalt wird anhand von Audiobeschreibungen im Hintergrund erklärt. Menschen mit einer Sehbehinderung können das Audio leicht hören und sich damit vertraut machen. Fortschrittliche Technologien wie Voice-to-Text, Braille-Tastaturen usw. beseitigen viele Einschränkungen und erleichtern Behinderten das Lernen.
Hörgeschädigte Mitarbeitende können gesprochene Texte in Untertiteln mitlesen.
Zur Erleichterung für Menschen mit Hörbeinträchtigungen bietet E-Learning die Möglichkeit, Videos mit Untertiteln zu versehen, um sie leichter verständlich zu machen. Außerdem erzielt Text, der mit Grafiken und Animationen präsentiert wird, eine nachhaltige Wirkung. Dies trägt dazu bei, das Gelernte langfristig zu behalten. Schon bei der Entwicklung des Materials kann man das Augenmerk gezielt auf beeinträchtigte Personen richten und Inhalte auf eine barrierefreie und benutzerfreundliche Art und Weise darstellen.
Durch die Verfügbarkeit von Online-Inhalten ist es für behinderte Menschen möglich, an virtuellen Kursen teilzunehmen und in ihrem eigenen Tempo zu lernen. Das Lerntempo ist individuell unterschiedlich, und dies ist einer der größten Vorteile des digitalen Lernens.
Der Begriff assistive Technologien ist ein Sammelbegriff für technische Hilfsmittel, die Menschen mit Behinderungen in ihrem täglichen Leben unterstützen sollen. E-Learnings können so entwickelt werden, dass Menschen mit Beeinträchtigungen sie mühelos nutzen können. Um Menschen mit Behinderungen den Zugang zu Weiterbildungsmöglichkeiten zu gewährleisten, können z.B. Anwendungen wie Screenreaders bereitgestellt werden. Das sind Softwareprodukte, die Bildschirminhalte erfassen und blinden und sehbehinderten Personen mittels Sprachausgabe,Braille-Schrift oder Zeichenvergrößerung zur Verfügung stellen.
Ein weiteres Beispiel ist Software zur Spracheingabe, die die gesprochene Sprache einer Person über ein Mikrofon erkennen und verarbeiten kann. Durch die Ausgabe von Sprachbefehlen ist es z.B. möglich, das Umschalten zwischen verschiedenen Anwendungen auf einem Computer zu steuern - ohne dass eine Maus oder Tastatur benötigt wird. Zudem können inhaltliche Eingaben in den verschiedenen Anwendungen aufgezeichnet werden, zum Beispiel Wörter in einem Textverarbeitungsprogramm.
Durch den Einsatz solcher Anwendungen werden Lernbarrieren abgebaut und die Menschen erreichen ein höheres Maß an Unabhängigkeit. Dies steigert auch ihre Motivation und macht sie wettbewerbsfähig.
E-Learning hilft nicht nur, die durch Beeinträchtigungen entstehenden Probleme zu minimieren, sondern wirkt sich auch positiv auf die Lernenden selbst aus. Häufig neigen Menschen mit einer Behinderung dazu, sich in ihrer Arbeits- bzw. Lernumgebung fremd zu fühlen. Inmitten eines Präsenzseminars trauen sich manche vielleicht nicht, Fragen vor der ganzen Gruppe zu stellen oder Zweifel zu äußern. Das digitale Lernen überwindet diesen Druck, dem Lernende mit Behinderungen ausgesetzt sind. Sie können den Inhalt leicht in Teilabschnitte zerlegen, die Videos wiederholt abspielen und an jeder beliebigen Stelle anhalten. So können sie sicherstellen, dass der Lernprozess barrierefrei abläuft.
Behinderungen dürfen und müssen für Lernende keine Hindernisse mehr sein. E-Learning-Content kann so entwickelt werden, dass er für alle Lernenden auffindbar, zugänglich und nutzbar ist. Das Entwickeln von Kompetenzen oder der Aufbau von Wissen kann und muss heute die normale Wirklichkeit sein für Menschen, die körperlich oder geistig beeinträchtigt sind und auf andere angewiesen sind. Sie können jederzeit ihre digitalen Geräte einsetzen und die Vorteile von E-Learning nutzen.
Einer der Gründe, warum E-Learning immer beliebter wird, ist die Bindung der Lernenden an die Lerninhalte. Digitale Formate stellen Inhalte auf eine Art dar, die nachhaltig, unterhaltsam, mühelos zugänglich und eben auch barrierefrei ist. Die Zeiten sind vorbei, in denen Lernende zu Präsenzseminaren reisen mussten, einen Stapel Bücher zu tragen und zu lesen hatten oder handschriftliche Notizen anfertigen mussten. Mit digitalen Inhalten ist alles überschaubar und für alle verfügbar geworden.
Um den E-Learning-Entwicklern die Erstellung von E-Learnings und den Personalentwicklern die Auswahl barrierefreier Angebote zu erleichtern, wurden Standards festgelegt, die zur Orientierung dienen können:
WCAG (Web Content Accessibility Guidelines) beschreiben ein Standard für den Bereich Webdesign, dessen Inhalt auch weitgehend auf E-Learning-Design übertragen werden kann. Die vollständigen Prinzipien, Richtlinien, Erfolgskriterien und Techniken der WCAG sind auf der Website des W3C selbst zu finden: Richtlinien für zugängliche Web-Inhalte (WCAG) 2.0.
In Deutschland gilt zudem die Barrierefreie Informationstechnik-Verordnung, die die europäische Richtlinie über den barrierefreien Zugang zu Webseiten und mobilen Anwendungen öffentlicher Einrichtungen umsetzt.
Für E-Learnings gelten ebenfalls die 4 Prinzipien der WCAG: wahrnehmbar, bedienbar, verständlich, robust.
Einfache, gut lesbare und serifenlose Schriftarten verwenden
Für bessere Lesbarkeit möglichst kursive Texte vermeiden
Dunkler Text auf hellem Hintergrund ist immer besser lesbar als heller Text auf dunklem Hintergrund
Das Kontrastverhältnis für Texte sollte mindestens bei 4,5:1 liegen. Dafür gibt es kostenlose Tools (z.B. Color Contrast Analyser) die das Kontrastverhältnis berechnen
Farbe darf nicht als einziges visuelles Mittel genutzt werden, um Informationen zu vermitteln. Das bedeutet, man darf z.B. eine richtige/falsche Antwort nicht nur durch eine rote oder grüne Farbmarkierung zeigen, sondern benötigt ein zusätzliches Element wie einen Haken oder ein „X“.
Farbkombinationen, die das Auge stark beanspruchen, sollten vermieden werden (z.B. grelle Farben)
Die Kursinhalte müssen per Zoom durch den Browser vergrößert werden können
Die Inhalte sollten sich auf die Größe des Browserfensters / Devices anpassen
Alle relevanten interaktiven Elemente (z.B. Buttons, Links) müssen per Tastatursteuerung bedienbar sein
Der Tastaturfokus muss deutlich erkennbar sein
Die Objekte sollen in einer sinnvollen Reihenfolge angesteuert werden (von oben links nach unten rechts)
Tasten wie die Eingabetaste oder Escape-Taste sollten für Aktivitäten wie „OK“ und „Weiter“ oder „Schließen“ und „Abbrechen“ genutzt werden können
Drag&Drop Übungen und Aufgaben sind in der Regel nicht per Tastatur bedienbar und sollten daher nicht verwendet werden
Es sollte möglich sein, sich die textlichen Inhalte (ausgenommen Videos und Grafiken) im Hochkontrastmodus anzeigen zu lassen (Der Hochkontrastmodus lässt sich im Betriebssystem aktivieren)
Optische Effekte wie blitzen, bewegen, flackern von länger als 1 Sekunde sollte vermieden werden
Akustische Effekte von mehr als 3 Sekunden sollten vermieden werden oder durch den Nutzer ausschaltbar sein
Zentrale Elemente wie Überschriften, Regionen, Tabellen, Listen, Buttons, Feldbeschriftungen, Funktionen und Sprache müssen durch den Screenreader eindeutig erfassbar sein.
Grafiken und Bilder müssen mit einem Alternativtext versehen werden
Eine Untertitelung oder Audiodeskription der Videos ist für eine vollständige Barrierefreiheit unerlässlich
Bei reinen Audioaufnahmen muss der Inhalt zusätzlich in Textform abrufbar sein
Moderne Autorentools decken in der Regel die meisten Voraussetzungen bereits ab (Screenreader-Tauglichkeit, Tastaturbedienung, Vergrößerung) und bieten in der Regel viele Möglichkeiten die Inhalte Barrierefrei anzupassen.
Aktuell gibt es noch keinen einheitlichen Standard, was genau unter „barrierefreien E-Learning“ verstanden wird. Wir orientieren uns an der Leitlinie WCAG 2.1, der „Web Content Accessibility Guideline“, herausgegeben von W3C, dem World Wide Web Consortium. Dort sind 3 aufeinander aufbauende Stufen definiert (A/AA/AAA). Die höchste Stufe „AAA“ enthält viele Kriterien, die für E-Learning (noch) nicht zutreffend oder umsetzbar sind. Unser Ziel ist es, die Stufe „AA“ zu erfüllen. Das umfasst:
Alternativtexte für Grafiken (Bildbeschreibung, Linkziel, Funktion (Button, Interaktion): Bei allen Grafiken werden Alternativtexte hinterlegt sein, die der Screenreader auslesen kann.
Untertitelung der Videos: Für alle neu veröffentlichten E-Trainings in deutscher Sprachversion sind an- und ausschaltbare Untertitel standardmäßig verfügbar sein.
Bildschirmleserunterstützung / Screenreader: sehbeeinträchtige Menschen können sich die Texte vorlesen lassen.
Angepasste Farbkontraste: Wir achten bei der Farbnutzung in allen Produktionen auf das vorgegebene Kontrastverhältnis für Sehschwächen.
Hochkontrast-Modus: Diese Einstellung kann jede:r User:in an individuell einstellen.
Vergrößerung der Anzeige: Die Inhalte lassen sich per Zoom / Lupe vergrößert darstellen.
Tastaturbedienbarkeit: Für die Navigation in unseren Trainings kann anstelle der Mouse auch die Tastatur genutzt werden.
Barrierefreie PDF-Dokumente: Die PDF-Dokumente in unseren E-Trainings können von Screenreadern ausgelesen.
Sind Sie auf der Suche nach barrierearmem E-Learning-Content für Ihr Team?
Wir von Pink University helfen Ihnen bei der Umsetzung von Web Based Trainings und E-Learning. Wir gestalten Inhalte, die an die Bedürfnisse des barrierefreien Lernens angepasst sind.
Lassen Sie sich unverbindlich von unseren Digital Learning Consultants beraten oder fordern Sie direkt einen kostenlosen Testzugang zu unserer E-Learning-Mediathek an.
Quellen:
"Was ist Barrierefreiheit?", www.behindertenbeauftragter.de
"World Report on Disability", www.who.int
"Web Content Accessibility Guidelines () 2.0", www.w3.org
"Richtlinie des europäischen Parlaments und des Rates über den barrierefreien Zugang zu den Websites und mobilen Anwendungen", https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=CELEX:32016L2102
"Barrierefreies E-Learning – Tipps für E-Learning-Anbieter", https://bik-fuer-alle.de/
"Easy Checks: Barrierefreiheit einfach testen", https://bik-fuer-alle.de/easy-checks.html